Estradiol: Wirkung, Anwendungsgebiete, Nebenwirkungen (2024)

So wirkt Estradiol

Das Hormon Estradiol (auch 17-beta-Estradiol genannt) wird natürlich im menschlichen Körper gebildet. Bei Frauen wird die größte Menge in den Eierstöcken produziert. Bei Männern, die weitaus geringere Estradiol-Spiegel im Körper haben, wird es in der Nebennierenrinde und in den Hoden gebildet.

Unter dem Begriff "Östrogen" werden die Hormone Estradiol, Estron und Estriol zusammengefasst.

Von allen drei Hormonen ist Estradiol (Östradiol) das wirksamste, weshalb es auch als Arzneistoff eingesetzt wird (in Form von Estradiol-Hemihydrat, das produktionsbedingt noch etwas Wasser enthält). Im gebärfähigen Alter (von der ersten Regelblutung bis hin zu den Wechseljahren) ist es auch das häufigste Östrogen im Körper der Frau. Während der Schwangerschaft übernimmt Estriol diese Rolle und nach den Wechseljahren Estron.

Die Östrogene sind nicht nur sehr wichtig für die Ausbildung der weiblichen Geschlechtsmerkmale (wie Eierstöcke, Gebärmutter, Vagina und Brüste), sondern auch für deren Funktion.

Menstruationszyklus & Hormonschwankungen

Der etwa 28-tägige Menstruationszyklus ist maßgeblich auf die wechselnden Hormonspiegel im Blut der Frau angewiesen:

In der ersten Zyklushälfte (Follikelphase) schüttet die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) das Hormon FSH (Follikel-Stimulierendes-Hormon) aus, das in den Eierstöcken das Heranreifen von Eibläschen (Follikeln) stimuliert.

Diese produzieren Östrogene. Das bewirkt zum einen, dass die Gebärmutterschleimhaut wächst (als Vorbereitung auf die mögliche Einnistung einer befruchteten Eizelle). Zum anderen kommt es durch den steigenden Östrogenspiegel im Blut zur Ausschüttung von LH (Luteinisierendes-Hormon) aus der Hypophyse. Dieses Hormon löst den Eisprung (Ovulation) aus - der am weitesten herangereifte Follikel platzt an der Oberfläche des Eierstockes auf und entlässt eine reife Eizelle in den Eileiter, wo sie für etwa 24 Stunden befruchtungsfähig bleibt.

An den Eisprung schließt sich die Lutealphase an: Die Blutspiegel von Östrogen, LH und FSH sinken nun, während sich die Konzentration des Gelbkörperhormons (Progesteron) erhöht. Der Gelbkörper entsteht aus dem nach dem EIsprung im Eierstock zurückbleibenden Follikel. Das von ihm produzierte Gelbkörperhormon bereitet die Gebärmutterschleimhaut noch weiter auf die eventuelle Einnistung der befruchteten Eizelle vor.

Bleibt die Befruchtung aus, bildet sich der Gelbkörper zurück, sodass kein weiteres Progesteron produziert wird. In der Folge kommt es zur Rückbildung der verdickten Gebärmutterschleimhaut und zum Einsetzen der Menstruationsblutung, bei der die Schleimhaut zusammen mit Blut ausgeschieden wird. Die Regelblutung ist bereits der Beginn eines neuen Menstruationszyklus.

Estradiol zur Empfängnisverhütung

Durch die Einnahme von Estradiol (als "Pille") wird die Ausschüttung von FSH unterdrückt - es erfolgt kein Eisprung mehr, wodurch eine Befruchtung und in der Folge eine Schwangerschaft nicht möglich sind.

In Anpassung an die natürlichen Hormonschwankungen wird die "Pille" nur 21 Tage lang genommen. Dann setzt man sieben Tage aus oder nimmt nur eine wirkstofffreie Tablette ein.

Estradiol zur Hormonersatztherapie in den Wechseljahren

Nach der Menopause, also nach Ausbleiben der monatlichen Regelblutung im mittleren Lebensalter, sinkt der Estradiol-Spiegel im Körper. Da das Hormon nicht nur auf die weiblichen Organe wirkt, sondern auch die Psyche, die allgemeine Leistungsfähigkeit und die Knochendichte beeinflusst, kann der Hormonabfall während oder nach den Wechseljahren zu verschiedenen Beschwerden führen.

Dazu zählen Stimmungsschwankungen, Erschöpfung, Hitzewallungen, Scheidentrockenheit und Knochenschwund. Diese Symptome kann man mit einer Estradiol-Therapie oft lindern, wenn nicht sogar ganz beseitigen.

Früher wurden Frauen dazu sehr große Hormondosen verabreicht, was zum Teil zu Nebenwirkungen wie Brustkrebs und Eierstockkrebs geführt hat. Mittlerweile sind niedriger dosierte und dadurch sichere Hormonpräparate im Einsatz.

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung

Nach der Einnahme als Tablette wird Estradiol durch den Darm in das Blut aufgenommen. Die Resorptionsquote ist sehr gering - sie liegt bei nur circa fünf Prozent.

Der höchste Wirkstoffspiegel im Blut wird nach etwa vier bis sechs Stunden erreicht. In der Leber wird das Estradiol dann in Estron umgewandelt, das etwa zehnfach schwächer wirkt. Es wird dann hauptsächlich über die Nieren (also mit dem Harn) ausgeschieden.

Nicht verwechseln mit 17-alpha-Estradiol!

Der gleich aufgebaute, aber dreidimensional anders geformte Wirkstoff 17-alpha-Estradiol (auch Alfatradiol genannt) hat im Gegensatz zum bekannten 17-beta-Estradiol keinerlei Wirkung als weibliches Hormon.

Es wird jedoch lokal auf der Kopfhaut bei Haarausfall angewendet, der durch zu hohe Spiegel von DHT (Dihydrotestosteron, ein mit Testosteron verwandter Stoff) zustande kommt. Hier hemmt es die Produktion von DHT und damit dessen negative Wirkung auf das Haarwachstum.

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Seit wann ist Estradiol bekannt?

Steroidhormone, zu denen Östrogene wie Estradiol, aber auch Testosteron und Cortison gehören, wurden schon sehr früh als wichtige Funktionsträger im Körper erkannt. Bereits im Jahr 1929 wurden die ersten Östrogene vom Chemiker Adolf Butenandt isoliert und in ihrer Struktur aufgeklärt. Dafür erhielt er im Jahr 1939 zusammen mit dem Steroid-Forscher Leopold Ruzicka den Nobelpreis für Chemie.

Im Jahr 1930 wurde erstmals ein oral einzunehmendes Östrogen zur Therapie eingeführt. Es wurde damals noch aus dem Urin von schwangeren Frauen gewonnen.

Lohnenswerte chemische Herstellungsverfahren für den Wirkstoff Estradiol wurden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt.

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